Archive for Mai, 2010

auswertung mrt-bild

heute kann ich euch leider wieder keine lyrik oder poesie anbieten, dafür aber eine gute nachricht: mein tumor ist kleiner geworden! momentan ist er 6 mal 4 cm groß (von ehemals 11 mal 10 oder so)! die ärztin kam gerade vorbei und hat es mir erzählt, ich hätte vor freude heulen können. der ganze scheiß hier bringt etwas!

tja, ansonsten knockt mich die chemo grad wieder etwas aus, bin tierischst erschöpft und hatte heute nacht mal wieder wahnvorstellungen (diesmal war ich ein fisch o.O) aber bis jetzt ist es noch nicht ganz so schlimm, und wenn der tumor kleiner wird ist das vollkommen okay.

chemozyklus nummer 5

ach leute, ich bin mal wieder geplättet, dass soviele leute meinen blog verfolgen (ich glaube einen großteil hab ich da meike zu verdanken 🙂 es ist verdammt schön, zu wissen, dass sich trotzdem noch jemand für das interessiert, was ich zu sagen habe, auch wenn ich nur hierliege und nichts tun kann. ehrlich gesagt hab ich gestern dann auch die ein oder andere träne bei euren kommentaren vergossen (obwohl ich mir vorgenommen hatte, nicht mehr soviel zu heulen).

tja, heute könnt ihr kein meisterwerk erwarten, ich bin froh, dass meine finger die tasten noch einigermaßen treffen und mein kopf zusammenhängende sätze produzieren kann. seit heute vormittag läuft die chemo und ich bin ziemlich erschöpft und mein schädel dröhnt, aber bis jetzt ist alles okay. zeitweise schaff ich es sogar, zu lesen (aber ich wette morgen hab ich die texte wieder vergessen) und ich bin glaub ich momentan die einzige chemopatientin, die sich tatsächlich mit shakespeare rumschlägt 🙂

okay, das nur so als kurze zwischeninfo, krankenhausalltag geht weiter. lasst es euch gutgehen!

mrt

es ist mal wieder samstagabend, ihr wisst was das bedeutet: bianca will partey machen! aber nein, ich lieg brav in meinem bett und warte auf die morgige chemo….was für ein leben!

meine nachbarin schaut fußball im fernsehen…und dadurch werde ich nur trauriger, ich kann es nicht mal ertragen, über aktuellen fußball zu reden. dann muss ich immer daran denken, wie klasse die zeit in meinem fußballteam früher war und dass ich wohl nie wieder spielen werden darf. ich vermisse den geruch nach gras, blut und spucke, das geschrei und gerangel, wenn der schiri nicht hinsieht. und natürlich das gefühl, ne geile parade hingelegt zu haben 🙂

naja, aber eigentlich spuken mir heute natürlich ganz andere sachen durch den kopf. es hat heute nachmittag dann endlich geklappt mit dem mrt. der transport war schnell und der mitarbeiter ganz nett. er schien nur etwas aufgeregt, mich live und in person vor sich zu haben („wow, entschuldigen sie, aber: ich hab ihre mrt-bilder gesehen, ist ja echt ein riesenvieh, dieser tumor, krass! sowas hab ich ja noch nie vorher gesehen!“). danke, danke, autogramme gibts später.

und jetzt heißt es warten. ist der tumor kleiner geworden, hat sich nichts verändert oder…nein, an die andere möglichkeit denke ich einfach mal nicht! ehrlich gesagt kann ich meine gefühle momentan schlecht beschreiben, es ist als würde ein kleines männchen in meinem kopf auf- und abhopsen (hallo, wahnvorstellungen!). mal bin ich ganz ruhig, mal schaffe ich es, alles einfach zu verdrängen und manchmal lieg ich da und will losschreien und heulen. ich hasse es, untätig dazuliegen und zu warten, aber daran musste ich mich ja in den letzten monaten schon gewöhnen… und immer wieder bohrt sich diese fiese kleine frage in mein bewusstsein: was ist, wenn nicht? wenn dieses scheißding nicht kleiner geworden ist? tja, da ist sie wieder, diese angst, schleicht sich hinterrücks an und greift nach einem…manchmal möchte ich einfach aus meinem körper springen und schreien, bis die welt aufhört sich zu drehen und anhält. hallo, ich will aussteigen! aber die welt hört nicht auf mich. ich weiß, ich muss stark sein und weitermachen, ich darf nicht an die bevorstehende therapie denken, sondern an alles, was ich schon geschafft habe…aber das ist einfach so verdammt schwer! ständig sagen mir die leute „wow, guck, was du schon alles geschafft hast!“ versteht denn keiner, was das alles nur für minischritte für mich sind? eine kaffeebohne auf ner 100-meter-sprint-strecke, wenn ihr so wollt. ich habe alles aus meinem körper rausgeholt, ich bin bis auf das bein fit und kann sitzen, was wohl kaum einer so schnell gedacht hätte, aber jetzt habe ich meine physischen grenzen erreicht. grenzen sind normalerweise zum überschreiten da, aber jetzt gibts nichts weiter als rumliegen und aushalten! und dabei haben die meisten menschen mich erst im guten zustand erlebt. bis auf meine familie und meinen freund können andere glaube ich nur vermuten, wie scheiße es mir am anfang ging. ich lag da wie eine halbtote, gebeutelt von der diagnose und den medikamenten. zu spitzenzeiten musste ich zusätzlich zu meinen fest angesetzten schmerzmitteln noch regelmäßig dipidolor und morphin bekommen…hab ich natürlich alles mal wieder nicht vertragen. und die ersten chemos…das härteste, was ich bis jetzt in meinem leben durchmachen musste. manchmal lag ich einfach nur da, und nach dem 5. tag rumkotzen hat sich die hämische stimme wieder in meinem kopf gemeldet. „na, sterben wär wohl doch ne option, was? oder willst du die scheiße hier echt noch weitermachen?“ zum glück bin ich stur und hör nicht auf die stimmen in meinem kopf. so gesehen habe ich wirklich schon einiges geschafft, aber puh, langsam geht einem die puste aus…aber ich erinner mich einfach jeden tag hier daran, wer ich eigentlich bin und wer ich mal wieder sein werde! bevor ich schon wieder trübsinnig werde, beende ich den blog mal lieber für heute.

also, wir dürfen gespannt sein, ob sich die letzten 2 zyklen gelohnt haben. ich wüsste nicht, was ich tun würde, wenn nicht.

Angepisst!

boah, wie ihr vielleicht unschwer an der überschrift erkennen könnt bin ich grad auf 180! ich bin heute extra früher hierher in die klinik gefahren, damit ich heut abend 18.30uhr ein mrt-bild machen lasse… der transport sollte 20 minuten früher kommen und mich hinfahren, wie immer, und kam ewig nicht, auch wie immer. Halb 8 verluden die mich endlich ins auto und rasten richtung mrt. ich kann euch sagen, dass ist nicht gerade ein spaziergang, weil irgendein vollhonk mal auf die idee gekommen ist, das gelände der uniklinik zu pflastern. mein bein schwang jedenfalls fröhlich hin und her, ich hatte ziemliche schmerzen und war so schon nicht gerade bester laune. als wir endlich beim mrt ankamen, schnauzte die schwester meinen fahrer an, die könnten mich gleich wieder mitnehmen, ich wär ja zu spät (nur um das mal klarzustellen: dieses schweine-mrt hat die ganze nacht geöffnet, die können mir nicht erzählen, dass die für heute nacht schon ausgebucht waren!). mein fahrer stritt sich mit ihr, er könne mich nich ständig umlagern weil ich schmerzen hätte, aber sie meinte, das wär egal, wenn die mich nicht mitnehmen ruft sie halt nen anderen krankentransport. tja, die ganze scheiße also mal wieder umsonst! man hängt ja auch nicht vorher den ganzen tag da und hat so schon genug stress weil man sich die ganze zeit sorgen macht was wohl rauskommen könnte…ist ja nur die frage, wie groß der tumor gerade in mir wuchert! ein kinderspiel. stundenlang auf den transport warten. und dann noch n bisschen hin und hergeschubst werden, damit der gebrochene knochen schön wackeln kann, kein thema. und dann noch so kompetentes und freundliches personal! ist ja schlimmer als die deutsche bahn.

tja, dann muss ich morgen eben ein bisschen stunk machen (haha, das kann ich gut! und ich werde es genießen!), schließlich kann ich eher keine chemo machen und der zyklus soll am sonntag losgehen. boah. fuck, hab ich eine wut!

eigentlich nichts

ja, auf drängen gewisser personen muss ich hier ja mal wieder was schreiben ^^ obwohl es im moment nicht viel zu berichten gibt…seit sonntagabend bin ich bei meinen eltern in rochlitz zum heimaturlaub und liege eigentlich nur träge da, gucke hartz4-tv und fresse mutti die haare vom kopf. zum glück bin ich nicht wie ursprünglich geplant in meiner wohnung in großenhainm gewesen, als montag die windhose durchgefegt ist….aber unser haus hat es glücklicherweise scheinbar nicht allzu hart getroffen. tja, ansonsten gibts nichts weiter, morgen gehts wieder ab ins krankenhaus, mrt-bild machen (schluck!) und am sonntag startet wieder die nächste chemo. da ich nichts weiter bewegendes zu schreiben habe, grüße ich an dieser stelle alle meine hörnchenpartner 😉

sehnsucht…

es ist samstagabend und ich hänge mal wieder im krankenhaus rum, es ist doch echt zum kotzen. ich höre schon seit stunden musik, um mich abzulenken, vorzüglich heute 4 promille, aber das ist natürlich schwachsinn, denn dann werde ich nur noch trauriger. abends ist es immer das gleiche, doch am schlimmsten ist es freitags und samstag, da meldet meine innere uhr, es wäre wohl mal wieder zeit zum feiern gehen! tja, geht nur schlecht wenn man im anti-dekubitusbett liegt und gleich ne ganze horde von pflegern beschäftigen kann. es ist schon seltsam, es gibt soviele sachen, die ich im leben zurzeit vermissen könnte, rausgehen, selbstständig sein, sport, sonnenschein, aber das feiern ist echt das schlimmste! stundenlang liege ich dann wach, starre aus dem fenster und frage mich, was all meine freunde wohl gerade tun, welche partys oder konzerte sie besuchen, wieviel alkohol sie trinken und was für einen spaß ich denn da eigentlich genau gerade verpasse. als mir steph letztens einmal erzählte, wie toll es auf dem dritte-wahl konzert wäre, hätte ich sie erst am liebsten in den hintern getreten 🙂 aber dann hat sie den jungs von dritte wahl von mir erzählt und sie haben tatsächlich ein lied für mich gespielt…und immer, wenn ich jetzt in dieses kleine depri-weil-nicht-feiern-können-loch falle, höre ich es mir einfach „zeit bleib stehen“ an (ja, so heißt das lied nämlich 😉 und weiß dann, dass diese zeiten wiederkommen…und soll ich euch was sagen? wenn es soweit ist, könnt ihr euch alle auf was gefasst machen 😀

und alles wieder anders…

wie ich es bereits vermutet habe: die achterbahn fährt auch umgekehrt, wieder nach oben.

 kaum habe ich meinen computer nach dem bloggen zugeklappt, spaziert professor dr. ehninger, chefarzt der inneren medizin, persönlich in mein zimmer. er ist vorsitzender der deutschen gesellschaft für hämatologie und onkologie und damit eine ziemlich hohe persönlichkeit in sachen krebserkrankungen! und trotzdem behandelt er uns patienten total locker und menschlich. er fragt mich, wie es mir geht und ich erzähle ihm von meinem dilemma mit berlin und dresden. und dann erzählt er mir doch tatsächlich, dass er mir empfehlen würde, doch in dresden zu bleiben, er habe nämlich mit professor günther, dem chefarzt der orthopädie geredet, und der würde mich operieren, wenn ich zustimme. dieser prof. günther würde auch sehr viel erfahrung im bereich tumoroperationen besitzen und hätte sich selbst schon über meinen fall informiert. nächste woche soll ich mich vorstellen und entscheiden, ob ich von ihm operiert werden möchte. ich dürfe aber auch ablehnen, wenn ich „kein gutes gefühl“ bei ihm haben würde, er wäre dann überhaupt nicht böse.

woah o.o wann bekommt man schon mal die anfrage von einem hochrangigen chefarzt, ob er einen operieren dürfe? ihr könnt euch vorstellen, wie froh ich jetzt bin! bisher habe ich meine erkrankung verflucht, weil sie so selten ist, und jetzt verschafft mir diese seltenheit unglaubliche privilegien.

desweiteren habe ich prof. ehninger gefragt, was er denn denke, wie lange ich nach der op noch liegenbleiben müsste…und er meinte, nach seiner erfahrung nur ein paar tage, schließlich will man mich ja mobilisieren! wäre es mir physisch möglich gewesen, wäre ich in die luft gesprungen.

tja, jetzt gehts mir wieder gut, ich habe neuen mut geschöpft und könnt mir vor tatendrang gleich die nächste chemo anhängen. meine leukos sind auch wieder am steigen und vielleicht darf ich die nächsten tage mal wieder nach hause gefahren werden. mal sehen, wie sie mich dieses mal die treppen hochkriegen, letztes mal wollten sie ja ne feuerwehrleiter beordern o.O

okay, der krankenhausalltag geht weiter. ich werde gleich gewaschen und vorher hör ich noch ein bisschen musik und stell mir vor, dass die ganze scheiße schon vorbei wär und ich wieder mit meinen freunden pogo tanzen würde…

OP in Berlin?

hu, mal wieder eine hammerneuigkeit. also für mich jedenfalls hammer. in gedanken mach ich ja mal wieder riesensprünge (wenns in der realität nur auch so gehen könnte!) und grüble schon viel über die op nach, die nach dem 6. chemozyklus geplant ist. ich hab mich erst gar nicht getraut zu fragen, weil ich angst vor der antwort hatte, aber dann hab ich’s doch gemacht: ich wollte wissen, wie lange es wohl noch bis zur op dauern wird, ob das tage oder wochen nach der letzten chemo passiert. der professor wusste es noch nicht, hat 3-4 wochen geschätzt, ist ja okay, damit hab ich auch so gerechnet. und dann erwähnte er ganz nebenbei, dass wir uns ja noch ne klinik aussuchen müssten, die das täte. ich hab ihn nur mit großen augen angeschaut und dachte „scheiße, jetzt kommt wieder irgende ne blöde nachricht“, denn immerhin hat diese uniklinik hier einen hervorragenden ruf auf dem gebiet der hämatologie, warum sollten sie mich nicht hier operieren? er meinte, es gäbe 2 kliniken in deutschland, die richtig viel erfahrung mit der sache hätten, dresden wäre zwar gut, aber die hätten da wohl richtig gute spezialisten. tja, jetzt soll ich mich entscheiden. dresden oder berlin? in berlin hätte ich bessere chancen, klar, aber das würde auch wieder bedeuten, ich müsste mich in eine neue station eingewöhnen, mich vielleicht wieder rechtfertigen müssen, warum ich bestimmte dinge beim pflegen nicht will… und natürlich, dass meine familie mich nicht ständig besuchen kann, das wird glaube ich das schlimmste. so weit weg von zuhause, pflegebedürftig und alleine? ich weiß ja auch nicht ob es sich da um 2 wochen oder monate handelt….und die ärzte können auch noch nicht sagen, wie lange es dauern wird, bis ich wieder laufen oder wenigstens in den rollstuhl kann…ob tage, wochen oder gar monate….ich glaub bei letzerem würde ich endgültig durchdrehen! denn an diesen gedanken, dass ich bald wieder mobil sein kann, klammere ich mich schon seit beginn der chemotherapie, deswegen konnte ich bisher alles einigermaßen aushalten, weil ich dachte, im sommer könnte ich vielleicht wieder anfangen zu laufen! man, ich will gar nicht dran denken, dass es nicht funktionieren könnte…

puh, da ist sie wieder, die berühmte achterbahn der gefühle. man kann echt nicht einschätzen, wie man sich die nächste stunde hier fühlen wird. innerhalb von 5 minuten kann sich die beste laune aufgrund von nichtigkeiten in totale verzweiflung verwandeln, und das passiert gar nicht mal selten. tagsüber hab ich oft knete und bunte murmeln im kopf und lache über jeden scheiß, doch sobald ich abends alleine bin, kommen die gedanken wieder und reißen mich in einen strudel aus angst, wut und verzweiflung…. wobei ich mit wut gut umzugehen weiß, wut ist etwas kraftvolles, und man kann sie gut abreagieren….trauer und verzweiflung sind da schon kompliziertere gefühle, man kommt nicht so schnell wieder heraus und es kann einen erdrücken. am anfang habe ich mir gesagt, ich sollte die gefühle zulassen, verdrängen hilft ja nichts. aber langsam hab ich die schnauze voll vom rumheulen! so banal es klingt, ich habe einfach keine lust mehr, traurig zu sein. für außenstehende mag das komisch klingen, aber ich hab es einfach satt schlecht drauf zu sein, ich will das leben lieber genießen und mich freuen. tja, aber was ich will und wie es mir dann wirklich geht, dass sind dann nun mal zwei verschiedene sachen.

krebs ist auch eine kopfsache, und es ist verdammt schwierig sich ständig zu motivieren, auch wenn man es selbst will. und den satz „du musst positiv denken, dann schaffst du das!“ kann ich auch nicht mehr hören. denk mal positiv, wenn du den ganzen tag hier liegst und diese ganze scheiße miterlebst. es gibt auch genug menschen, die positiv denken und trotzdem sterben, weil der körper nun mal seine grenzen hat. aber ich weiß auch, dass ich nicht einfach aufgeben kann. ginge ja auch nicht, kann mir ja schlecht den port rausreißen und rufen „so leute, chemo ist heut nicht!“. ich hab keine andere wahl und deswegen versuche ich, dass beste draus zu machen, aber manchmal ist das schon verdammt schwer. ihr merkt vermutlich schon, bin grad nicht so gut drauf, ich hör lieber auf, bevor ich zu pessimistisch werde 🙂 das gute an der achterbahn der gefühle ist, dass sie auch umgekehrt funktionieren kann – vielleicht sitze ich in ner stunde schon wieder fröhlich grinsend im bett und quatsche dummes zeug.

eintrag über meine erste chemo

puh, gestern abend war ich dann doch ganz schön geschafft! ständig will einer was von einem, und dann sitzt auch noch der vater  meiner nachbarin ewig mit im zimmer und die beiden gucken fernsehen, und ich kann mich einfach nicht mehr konzentrieren. deswegen verzeiht mir, dass der gestrige eintrag stilistisch nicht gerade ein meisterwerk war!

so, heute gibt es als kleines leckerlie mal wieder einen supergeheimen tagebucheintrag über meine erste chemotherapie. ihr müsst wissen, dass ich mein tagebuch nicht chronologisch führe (ich bin kein mensch der ordnung), sondern immer mal wieder situationen oder gedanken notiere, die mir (wieder) einfallen. in diesem ist also die chemo festgehalten. ihr bekommt jedoch nur einen gewissen abschnitt zu lesen, da der rest einfach zu langwierig für so nen einzelnen blogeintrag ist. zur erklärung: sonntagmittag ging die chemo los und ich bekamm sonntagnacht auch prompt fieber, was die ärzte erst ein wenig beunruhigte. vorher haben sie mich über zahlreiche lustige nebenwirkungen aufgeklärt, ihr bekommt den zweifellos unangenehmsten teil davon jetzt serviert: meine psychosen. Ach, und Johannes ist übrigens mein Infusionsständer. Also, ich hoffe ich konnte es so schreiben, dass ihr euch ein wenig in mich reinversetzen könnt:

In der Visite betasten die Ärzte wie immer mein Bein – aarr, wie ich es hasse, wenn sie es anfassen! – und beratschlagen stirnrunzlend, was das Fieber bei mir ausgelöst haben könnte. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Chemotherapie schon angeschlagen hat und dass der Tumor schon beginnt, zu zerfallen. Das löse in manchen Fällen Fieber aus, erklärt mir Herr Pursche.

„Das ist ein sehr gutes Zeichen, wir sind nur überrascht, dass das so schnell geht bei Ihnen.“ Fügt er noch hinzu.

Ich bin recht gut gelaunt. Wenn Fieber die einzige Nebenwirkung bleibt, nun gut, dann kann ich damit leben. Den Vormittag über geht es mir recht gut, ich bin nur total erschöpft. Aber eine Chemotherapie ist nun mal kein Ausflug auf den Ponyhof, sage ich mir.

Das Mittagessen will ich dann aber doch nicht anrühren. Dann kommt wieder die Schwester  und hängt mir Chemotag Nummer 2 an Johannes an. Wieder warte ich. Was wird wohl nun passieren? Ein wenig spannend ist es ja schon, dieses Roulette der Nebenwirkungen. Aber bisher war’s ja gar nicht so schlimm.

Ich schließe die Augen und versuche zu schlafen. Mein Kopf fängt an zu dröhnen. Plötzlich tummeln sich eine Menge Menschen im Raum. Ich will Schwester Juliane ansprechen, und öffne den Mund. Doch mir fällt auf, dass nur meine Mutter neben meinem Bett sitzt, und bis auf meine friedlich schlummernde Nachbarin ist das Zimmer ansonsten leer. Verwundert starre ich durch den Raum. Seltsam. Ich schließe wieder die Augen. In der oberen Zimmerecke lauern kleine kichernde Kobolde in grünen Anzügen. Okay, jetzt reicht’s. Was soll das? Wo kommen diese verdammten Kobolde her? Und vor allem: was wollen die von mir?

Aber zum Glück ist ja meine Mutter da, um mich zu beschützen. Ich öffne wieder die Augen und will ihr zurufen, sie solle sich vor den Kobolden in Acht nehmen! Aber sie sitzt ruhig da, liest Zeitung und das Zimmer ist wieder leer. Verdammt.

So geht es den ganzen Nachmittag. Farben, Fratzen und Menschen überall. Doch sobald ich die Augen öffne, sind sie verschwunden. Ich werde hier noch wahnsinnig!

Abends kommt die Schwester, um mich zu waschen. Ich muss zweimal hingucken, um sicherzugehen, dass sie weder Kobold noch irreal ist.

Als sie weg ist, fällt mir auf, dass ich mal muss. Okay, was war in so einem Moment zu tun? Rufen? Nein. Ich könnte einen Stift in die Hand nehmen. Ich greife nach meinem Kugelschreiber, doch niemand kommt. Also doch was anderes. Meine Triangel, die über dem Bett hängt? Ich ziehe und ziehe, aber es kommt immer noch keine Schwester. Die Klingel! Jetzt fällt es mir wieder ein.  Aber wo war die gleich noch mal? Nach langem Suchen finde ich sie, und brauche weitere fünf Minuten, um mich zu erinnern, wie ich sie zu bedienen habe. Aber es kommt jemand!

„Na Bianca, was ist los?“ fragt Schwester Suse  mich. Ich starre sie an. Verdammt, was wollte ich denn jetzt?!

„Ich….tut mir leid….ich weiß nicht mehr, warum ich geklingelt habe!“

Schwester Suse lacht. „Ist nicht so schlimm, denk noch mal nach.“  Hm. Schieber? Bettlaken wechseln? Wollte ich nicht fragen, wie man klingelt? Das logischste wäre wohl, nach einem Schieber zu klingeln. Mein Gedanke scheint richtig zu sein, denn das brennende weiße Pferd neben meinem Bett fängt an zu wiehern.

„Ich glaube, ich brauche einen Schieber.“ Schwester Suse holt sofort einen und schiebt ihn mir unter den Hintern. Ich solle klingeln, wenn ich fertig bin. Schöne Scheiße, ich habs doch schon kaum geschafft, sie zu rufen! Ich erkläre ihr mein Dilemma, ich weiß nicht, ob ich es wirklich tue, doch in Gedanken auf jeden Fall. 

Irgendwann klingelt etwas. Ich muss eingeschlafen sein, denn draußen ist es dunkel. Und auf diesem Schieber liege ich immer noch, verdammt! Aber okay, erst mal mit dem Klingeln klarkommen. Was ist es? Ich bilde es mir nicht ein, es ist wirklich da. Ein Vogel? Nein, der klingelt nicht. Ein Handy? Ja, bingo, Handys klingeln! Wie sahen die gleich noch mal aus? Ich greife nach dem erstbesten Gegenstand auf meinem Tisch. Ich halte es mir ans Ohr. „Hallo?“ frage ich mein Asthmaspray. Doch es antwortet nicht. Wird wohl nicht das Handy gewesen sein. Aber wenigstens hat das Klingeln aufgehört.

Ein wenig später kommt die Schwester wieder rein und holt mich vom Schieber. Ich starre sie verzweifelt an. „Ist etwas? Brauchst du etwas?“ fragt sie mich. Ich will sie fragen, wie man ein Telefon bedient und wie ein Handy aussieht, aber der Satz will sich nicht mal mehr in meinem Kopf bilden. Irgendwann geht sie.

Düdelüdedüm. Mist, schon wieder! Jetzt muss ich handeln. Dieses Mal bin ich mir sogar sicher, dass es ein Telefon und kein Handy ist. Aber ob bei mir oder meiner Nachbarin, das weiß ich nicht. Egal, ich probier es einfach. Ich greife mir meine Packung Taschentücher und frage sie, wer dran ist. Wieder keine Antwort, aber das Klingeln geht weiter. Ich schnappe mir den nächsten Gegenstand. Er fühlt sich gut in der Hand an, wie ein Hörer. Aber noch immer antwortet niemand. Vielleicht muss ich ihn kippen? Platsch, da landet Wasser in meinem Ohr. Mist, es war der Schnabelbecher! Resigniert will ich aufgeben, greife in meiner Verzweiflung aber endlich den Telefonhörer. Ich weiß gar nicht, wer dran ist, sage nur, dass er oder sie später anrufen soll.

das kosmetikseminar

hey leute,

also erst mal muss ich sagen bin ich total geplättet! ich hab damit gerechnet, dass so drei-vier hanseln am tag auf meiner seite rumgurken, aber nein, ihr scheint euch ja alle ernsthaft für meinen blog zu interessieren 🙂 es freut mich total, wieviel positive resonanz ich bereits an einem einzigen tag bekommen habe, egal ob von freunden oder unbekannten leuten. das motiviert natürlich enorm, weiterzumachen 🙂

also heute war wieder ein typischer vollgestopfter tag und ich bin ziemlich groggy, aber auch – ich würde fast schon sagen – glücklich.

zuerst hatte ich kunsttherapie. ich freu mich jedes mal total drauf, egal wie scheiße es mir geht, denn es ist eine willkommene abwechslung. deine gedanken drehen sich mal für eine stunde nicht ständig um das thema krebs und am ende hast du etwas geschaffen, auf das du stolz sein kannst. und im malen gehe ich ja sowieso total auf, wie ihr vielleicht schon gemerkt habt 🙂 da ich ja leider ans bett gefesselt bin, kann ich nicht die gruppentherapie auf station nutzen und bekomme eine einzelsitzung in meinem zimmer. da meine nachbarin auch ne kreative ader hat, haben wir heute zusammen gemalt. es ist schon beachtlich, wie unterschiedlich unsere bilder sind. ihre strahlen immer sehr viel wärme und ruhe aus, während meine zwar auch ganz gut aussehen, aber immer irgendwie eine gewisse unruhe verbreiten. nun gut, ich würde mal sagen, dass liegt auch am charakter 🙂

mensch ich merke gerade ist gar nicht so einfach hier mal einen ordentlichen post zu verfassen. aller 3 sätze wird man unterbrochen, entweder ruft jemand an oder ne schwester kommt drohend mit der spritze näher….

dann ging es endlich los: das großersehnte kosmetikseminar hat begonnen! jaja, bianca und schminke?! werdet ihr euch jetzt sicher denken. nein, keine angst, ich bin nicht zur tussi mutiert. ich habe auch nicht so ein großes problem mit meinem aussehen, auf meine glatze bin ich manchmal sogar recht stolz. sie ist schließlich ein symbol für das, was ich eben durchmache und sie ist auch irgendwie ein teil von mir geworden. aber wenn man so ganz ohne haare, wimpern und augenbrauen ist, und auch noch stöckchendürr in seinem op-hemd aussieht, wünscht man sich doch etwas mehr weiblichkeit zurück. oder – ich wage es gar nicht auszusprechen, geht ja n bisschen gegen meine punker-ehre: man wünscht sich manchmal sogar, normal auszusehen. jedenfalls kann es ja nicht schaden und deswegen hab ich mich angemeldet. ich wurde mit dem bett in einen großen konferrenzraum geschoben, indem die anderen teilnehmerinnen schon warteten. dann kam erst mal das wichtigste: wir bekamen unsere geschenke 🙂 eine riesige tasche voller kosmetikprodukte, alle so teuer, dass ich die marken noch nicht mal kannte (ist halt was anderes als die billig-marke vom rossmann um die ecke). dann wurde uns erklärt, wie wir es schaffen, wie normale frauen auszusehen, sprich mit augenbrauen und so etwas wie einer gesichtsfarbe. da mir das alles n bisschen zu langweilig war, hat die leiterin mir riesige schwarze augen geschminkt, fand ich schon recht geil. werd ich auch mal ausprobieren, wenn ich wieder gesund bin. muss nur aufpassen, dass das ganze dann nicht zu tussig wirkt, hab ja immerhin nen schlechten ruf zu verlieren 😉

ergebnis des kosmetikseminars

was auch bemerkenswert am seminar war, war das unterschiedliche lebensalter der teilnehmerinnen. es ist schon seltsam, mit meinen 19 jahren habe ich mich anfangs auf dieser station recht deplatziert gefühlt, da ein großteil wirklich schon im rentenalter ist. aber das ist das erstaunliche am krebs: sosehr er dich von den anderen distanziert, sosehr bringt er die kranken menschen auch zusammen. wir haben alle unterschiedliche probleme, charaktere und lebensgeschichten, aber unsere ängste und sorgen, unsere hoffnungen und wünsche lassen uns all die dämlichen generationsunterschiede fast vergessen. auf der straße würden viele omis hier schreiend vor mir weglaufen („die jugend heutzutage!“), aber hier hören sie sich meine beweggründe an und ich lasse mir von ihren (zahlreichen) krankheiten erzählen. ich habe schon richtiggehend freundschaften zu einigen von ihnen geknüpft, und es ist ein schönes gefühl.

aaah man ich fass es nicht ich find keine ruhe hier 😀 okay, ich muss aufhören, hoffe ich kann morgen ein wenig besser schreiben ^^

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